Optisch sind die beiden Radtypen auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden. Beide haben ein kurzes Steuerrohr und verbessern damit die Aerodynamik des Sportlers auf dem Rad. Ein weiterer großer Punkt ist die Systemintegration. Aus aerodynamischen Gründen verschwinden bei diesen Rädern viele Komponenten im Rahmen. Lenker und Vorbau sowie Sattelrohr weisen meist eine Stromlinienform auf. Brems- und Schaltsysteme, sowie Verpflegung finden im Inneren des Rahmens Platz. Fahrradcomputer sind bestenfalls ebenso in den Rahmen integriert. Scheibenbremsen haben sich in den Jahren sowohl bei beiden Rädern durchgesetzt.
Die Unterschiede zwischen beiden Radtypen liegen zwar im Detail, sind aber in der Summe erheblich. Ursächlich für die Unterschiede sind die Regularien der beiden maßgeblichen Radsportverbände. Das Zeitfahrrad, oder auch “Time Trial Bicycle” (TT Bike) muss sich an den Bestimmungen der Union Cycliste International (UCI) ausrichten, das Triathlonrad an denen der International Triathlon Union (ITU). In England und Wales gelten zudem bei Zeitfahrrennen die Regularien der „Cycling Time Trials“. Die UCI-Regeln bei einem TT Bike sind besonders streng. So ist bei der UCI das Verhältnis von Sattelspitze und Tretlager genau definiert. Das Sattelrohr muss auf jeden Fall hinter dem Tretlagerlot liegen. Ein TT Bike muss zudem ein Mindestgewicht von 6,8 Kilogramm haben. Ebenso muss ein von der UCI zugelassenes Rad im Handel frei verkäuflich sein. Damit will man Materialschlachten und einem Vorteil reicher Rennställe, gegenüber denen mit einem kleineren Geldbeutel vorbeugen. Das bietet auch einen Vorteil für Technikbegeisterte. Das Traumfahrrad der großen Rennställe ist also auch für Normalsterbliche in erreichbarer Nähe oder zumindest in einer homologierten Version käuflich zu erwerben.
Wichtig: bei einem Zeitfahrrad gilt laut UCI die 1:3-Regel. Das heißt, dass alle Komponenten nicht mehr als dreimal so lang wie breit sein dürfen. Das schränkt die Aerodynamik gegenüber einem Triathlonrad ein. Triathleten dürfen dagegen „mehr“, weshalb diese Sprintmaschinen extremer ausfallen.
Ein Triathlonrad darf mehr
Während die UCI es ganz genau nimmt, ist die ITU viel weniger strikt. Solange die ISO 4210:2015 erfüllt ist, die ganz grundlegenden Sicherheitsstandards für Stadt- und Trekking-, Jugend-, Berg- und Rennfahrräder vorsieht, ist „fast“ alles erlaubt. Die Aerodynamik kann also voll ausgespielt und das 1:3-Verhältnis überschritten werden. Ebenso gibt es kein Mindestgewicht. Die Möglichkeiten der Physik und der aktuelle Stand der Technik können beim Triathlonrad also – je nach Geldbeutel – voll ausgeschöpft werden.
Damit die Sportler während des Radfahrens nicht ebenso völlig erschöpfen, wie die Finanzen des Sponsors, legt man beim Triathlonrad verstärkt Wert auf die Verpflegung mit Flüssigkeit und fester Nahrung während der Fahrt. Ein Triathlonrad bietet also in der Regel eine bessere Ausstattung für diejenigen, die nach dem Radfahren „noch etwas vorhaben“, zum Beispiel einen Marathonlauf oder noch längere Laufstrecken. Die Verpflegung muss dafür im und am Rad mitgeführt werden. Kassetten für Energieriegel, eingebaute Trinkwassertanks und Trinkflaschenhalter sind ein wichtiges Equipment für Triathleten. Die ITU macht also weniger Vorschriften. Nur ein Grundsatz gilt: Vorderrad und Hinterrad müssen gleich groß sein.
Eine weitere Eigenart von Zeitfahrrad und Triathlonrad sind die immer wieder zu sehenden Scheibenräder. Vollflächige Diskfelgen werden bei beiden Sportarten häufig eingesetzt, sind aber (wenn überhaupt) nur hinten erlaubt. Außerhalb des Einzelzeitfahrens sind bei Rennen Scheibenräder aus Sicherheitsgründen in der Regel verboten. Die Windanfälligkeit führt bei Seitenwind zu einem schwankenden Fahrverhalten, welches in der Rennsituation andere Rennfahrer oder das Publikum gefährden könnte. Auch beim Triathlon sieht man von Veranstalterseite aus Scheibenräder eher ungern. Beim Ironman auf Hawaii sind sie gleich ganz verboten.
Ein eher individueller Unterschied findet sich beim Gebrauch der Reifen. Zeitfahrer setzen eher auf Schlauchreifen, Triathleten eher auf Tubeless. Der Grund liegt auch hier in den verschiedenen Ansprüchen während der Rennen. Während Triathleten während des Wettkampfs kein Team um sich herum haben und sich im Fall einer Panne selbst behelfen müssen, ist bei Radprofis der nächste Mechaniker nicht weit. Tubeless Reifen lassen sich während des Rennens von Hand wechseln. Schlauchreifen sind hingegen mit der Felge verklebt. Dafür bieten sie die Möglichkeit, auch mit plattem Reifen ein Stück weit zu fahren, bis Ersatz beschafft werden kann.